Zeitplan für EU-Ausstieg aus russischem Gas steht
Bis Ende 2027 will die EU ihre Abhängigkeit von russischem Erdgas vollständig beenden. Eine entsprechende Einigung erzielten Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten und das Europaparlament angesichts des anhaltenden Ukraine-Krieges.
Der Zeitplan für einen Ausstieg der EU aus russischen Gaslieferungen steht. Wegen des Ukraine-Krieges haben sich Regierungsvertreter der EU-Mitgliedsstaaten und das Europaparlament darauf geeinigt, russische Gaseinfuhren in die EU bis Ende 2027 gänzlich zu stoppen. Die Belieferung über Pipelines soll dann endgültig auslaufen. Ein Verbot für den Import von russischem Flüssigerdgas (LNG) soll im Einklang mit dem 19. Sanktionspaket der EU schon ab Januar 2027 gelten.
„Es ist der Beginn einer neuen Ära: der Ära der vollständigen Energieunabhängigkeit Europas von Russland“, begrüßte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Einigung. Ein Ende der russischen Gasimporte sorge auch dafür, dass weniger Geld aus Europa nach Russland fließe, mit dem Moskau seinen Krieg gegen die Ukraine finanzieren könne, betonte von der Leyen.
Russisches Pipeline-Gas und Flüssiggas (LNG) machten nach Angaben der EU-Kommission im vergangenen Jahr rund 19 Prozent der Gasimporte der 27 EU-Staaten aus. Pro Monat entsprechen die Einfuhren fossiler Energieträger – Gas und ein kleinerer Anteil Öl – aus Russland von der Leyen zufolge einem Wert von rund 1,5 Milliarden Euro.
In einem ersten Schritt will die EU nun verbieten, neue Verträge mit Russland abzuschließen. Das Verbot greift sechs Wochen nach Inkrafttreten des vereinbarten Gesetzes, voraussichtlich also im Frühjahr des kommenden Jahres.
Rund ein Drittel ihrer russischen Importe beziehen europäische Abnehmer aus kurzfristigen Verträgen, die einfacher kündbar sind. Diese Lieferungen sollen dem Gesetzentwurf zufolge ebenfalls im kommenden Jahr enden: zum 25. April für LNG und zum 17. Juni 2026 für Pipeline-Gas.
Für bestehende langfristige Verträge gelten längere Übergangsfristen. Für LNG ist der Stichtag der 1. Januar 2027, dieses Datum ist auch in den EU-Sanktionen gegen Russland vorgesehen. Lieferungen über Pipelines sind noch bis Herbst 2027 erlaubt. Der Stichtag soll zwischen dem 30. September und dem 1. November liegen, abhängig vom Füllstand der Gasspeicher in Europa.
Nordstream endgültig vom Tisch in Deutschland
In Deutschland wäre damit die Inbetriebnahme der Nordstream-Pipelines endgültig vom Tisch. Insbesondere Ungarn und die Slowakei könnten in den kommenden zwei Jahren hingegen weiter große Mengen Gas aus Russland importieren. Beide Länder hatten sich gegen einen vollständigen Ausstieg gewehrt, waren aber überstimmt worden.
Die Vereinbarung aus der Nacht sieht eine Notfallklausel vor. Ruft ein EU-Mitgliedsland eine Energiekrise aus, kann es bei der Kommission eine zeitlich begrenzte Ausnahme vom Importverbot beantragen. In dieser Zeit könnte über kurzfristige Verträge dann wieder Gas aus Russland fließen. Die Kommission soll so eine Ausnahme laut Einigung nur erlauben, wenn sie „strikt notwendig“ ist.
Ungarn und der Slowakei reicht dies aber nicht aus. Ungarns Außenminister Peter Sijjarto drohte am Mittwoch mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. „Die Vorbereitungen sind bereits im Gange“, erklärte Sijjarto im Onlinedienst X. „Wir werden alles Notwendige tun, um die Energiesicherheit Ungarns zu verteidigen.“ Die ungarische Regierung werde Beschwerde einreichen, sobald das Gesetz offiziell verabschiedet sei.
Nach Darstellung des Kremls wird der Ausstieg höhere Energiepreise für Europa nach sich ziehen. „Das bedeutet, dass Europa sich selbst zu wesentlich teureren Energiequellen verurteilt“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch auf Nachfrage zu Journalisten.
Das Europaparlament sowie der Rat der 27 EU-Staaten müssen den Ausstieg noch formal absegnen, die Mehrheit gelten aber als gesichert. Anders als die Sanktionen gegen Russland ist der nun vereinbarte Ausstieg juristisch ein EU-Gesetz und damit dauerhaft.