Gesundheitsministerium: Polio-Fund zeigt funktionierende Überwachung
Ein seltener Virennachweis sorgt in Deutschland für Aufmerksamkeit. Während Fachleute auf funktionierende Überwachungssysteme verweisen, entfachen die Befunde eine Debatte über globale Impfprogramme und internationale Gesundheitsfinanzierung.
Das Gesundheitsministerium hat betont, dass die Gefahr für die Bevölkerung durch das erstmals in Deutschland nachgewiesene Wildtyp-Poliovirus in einer Abwasserprobe aus Hamburg sehr gering sei. „Die vollständige Impfung gegen Polio schützt zuverlässig vor einer Erkrankung“, teilte das Gesundheitsministerium mit. Grundsätzlich sollte der Impfstatus regelmäßig geprüft werden. „Der Nachweis von Polio-Wildviren in einer Abwasserprobe zeigt, dass die Surveillance funktioniert“, sagte ein Sprecher. Die Grünen kritisierten dagegen Kürzungen bei der internationalen Krankheitsbekämpfung auch in Deutschland. „Dass es jetzt wieder einen Polio-Fall in Deutschland gibt, ist Ausdruck der international zu beobachtenden Rückschritte bei den Impfkampagnen“, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Paula Piechotta zu Reuters.
Die positive Probe wurde laut Hamburger Senat in der Woche vom 6. bis 12. Oktober im Rahmen eines Forschungsprojekts entdeckt, bei dem das Robert Koch-Institut (RKI) und das Umweltbundesamt regelmäßig Abwasser aus deutschen Großstädten untersuchen. Nachweise von Infektionen bei Menschen liegen nicht vor. Das RKI hatte am Mittwoch erklärt, dass in Deutschland erstmals seit Beginn der systematischen Abwasserüberwachung im Jahr 2021 das hochansteckende Wildtyp-Poliovirus nachgewiesen worden ist. Die letzte Polio-Infektion durch Wildviren in Deutschland wurde 1990 gemeldet, die letzten importierten Fälle traten 1992 auf.
Die Grünen-Politikerin Piechotta hob hervor, dass man den globalen Zusammenhang sehen müsse. „Jedes Mal, wenn aus politischen oder finanziellen Gründen ein Impfprogramm in einer Region der Welt scheitert, hat das Konsequenzen für Menschen auf der ganzen Welt, die nicht geimpft werden können und auf Herden-Immunität angewiesen sind“, sagte sie. Der Fall müsse deshalb alle daran erinnern, dass etwa die Beiträge zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) notwendig seien, „um auch deutsche Kinder zu schützen“. Die geplante schrittweise Kürzung des Haushaltstitels zu Polio sei nur ein Teil der Problematik. „Insgesamt sind die Kürzungen der USA, Großbritanniens und Deutschlands bei den WHO-Zuwendungen in ihrer Gesamtheit fatal.“