Ankara: Fidan sieht Chancen für Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses
Der türkische Außenminister Fidan hofft auf eine Wiederannäherung zwischen Türkiye und der EU. Bei einem Interview weist er auf die jüngsten Äußerungen aus Deutschland hin.
Der türkische Außenminister Hakan Fidan sieht in der jüngsten Haltung Deutschlands ein mögliches Signal für Bewegung im seit Jahren blockierten EU-Beitrittsprozess. Die Unterstützung aus Berlin könne „neue Fortschritte“ eröffnen, sagte Fidan am Samstag in einem Live-Interview mit dem Nachrichtensender A Haber. Bundeskanzler Friedrich Merz hatte sich bei seinem Besuch in Ankara am 30. Oktober positiv über den EU-Beitrittsprozess von Türkiye geäußert.
Merz´ Haltung stelle „eine wichtige Erneuerung des politischen Willens“ dar, betonte Fidan. „Dass der deutsche Kanzler öffentlich erklärt, Deutschland wolle Türkiye in der EU sehen, ist wichtig. Wir messen dem großen Wert bei.“
Die aktuelle Phase der EU-Türkiye-Beziehungen sei von „neuen politischen und psychologischen Rahmenbedingungen“ geprägt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan habe nach seiner Wiederwahl im Mai 2023 einen „maximalen Einsatz“ beim EU-Beitrittsprozess eingefordert.
Fidan sieht unter anderem wirtschaftliche Chancen für Türkiye innerhalb der EU. Immer mehr türkische Unternehmen gründeten Niederlassungen und Gemeinschaftsunternehmen in EU-Staaten und könnten dadurch leichter auf europäische Finanz- und Innovationsprogramme zugreifen. Türkiye verfüge heute über eine Infrastruktur, die die europäischen Standards übertreffe, so Fidan.
Mit Blick auf die Lage auf Zypern bekräftigte Fidan, Türkiye werde die Rechte der Zyperntürken entschlossen schützen. „Sie werden keinen Status zweiter Klasse akzeptieren, und wir als Garantiestaat ebenfalls nicht“, sagte er. Das Zwei-Staaten-Modell sei die realistischste Lösung. Zugleich kritisierte Fidan, die EU habe „das Problem der Zyperngriechen“ vereinnahmt. Da wichtige Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssten, komme es zu Blockaden – „auch bei Fragen, die Türkiye betreffen“. Vor diesem Hintergrund gewinne die EU-Debatte über qualifizierte Mehrheitsentscheidungen an Bedeutung.