Historischer Besuch: Syriens Präsident al-Scharaa in den USA eingetroffen
Erstmals seit Jahrzehnten reist ein syrischer Präsident in die USA. Das Treffen im Weißen Haus gilt als wichtiges diplomatisches Zeichen.
Der syrische Präsident Ahmed al-Scharaa ist am Samstag zu einem historischen Besuch in den USA eingetroffen. Das meldete die staatliche syrische Nachrichtenagentur, nachdem die USA ihn erst am Freitag von ihrer Terrorliste gestrichen hatten. Al-Scharaa wird am Montag von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen – seine Reise ist der erste offizielle Besuch eines syrischen Staatschefs in den USA seit fast 80 Jahren.
Beide Seiten haben konkrete Erwartungen an das Treffen: Nach Angaben des US-Syriengesandten Tom Barrack soll al-Scharaa bei seinem Besuch ein Abkommen über Syriens Beitritt zur US-geführten internationalen Koalition zum Kampf gegen die Daesch-Terrormiliz unterzeichnen.
Das syrische Innenministerium teilte am Samstag mit, es habe bei 61 Razzien im Rahmen einer „proaktiven Kampagne“ gegen „die Bedrohung durch den IS (Daesch)“ 71 Verdächtige festgenommen, wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete. Unter anderem habe es in Aleppo, Idlib und Damaskus Einsätze gegeben.
Die USA planen zudem nach Diplomatenangaben die Errichtung eines Militärstützpunkts in der Nähe der syrischen Hauptstadt Damaskus. Dieser solle der „Koordination humanitärer Hilfe“ und der „Beobachtung der Entwicklungen zwischen Syrien und Israel“ dienen, hieß es.
Al-Scharaa wiederum dürfte sich neben dem Prestigegewinn durch den ersten Empfang eines syrischen Staatschefs im Weißen Haus in der Geschichte des modernen Syrien vor allem finanzielle Zusagen für den Wiederaufbau seines vom 13-jährigen Bürgerkrieg zerstörten Landes erhoffen. Die Weltbank hatte die Kosten dafür in einer konservativen Schätzung von Oktober auf mindestens 216 Milliarden US-Dollar (fast 187 Milliarden Euro) beziffert.
Die Washington-Reise al-Scharaas ist bereits seine zweite als syrischer Präsident in die USA. Er war im September der erste syrische Präsident, der vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York sprach. Der UN-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag die Sanktionen gegen al-Scharaa aufgehoben. Damit benötigt er keine Ausnahmegenehmigung mehr für Reisen ins Ausland.
Am Freitag folgte die Streichung al-Scharaas von der US-Terrorliste. Die US-Regierung erkenne damit den Fortschritt an, den Syrien seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad im vergangenen Dezember gemacht habe, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, Tommy Pigott. Al-Scharaas Regierung erfülle Forderungen der US-Regierung danach, in Syrien vermisste US-Bürger aufzuspüren und mögliche Chemiewaffenreste aus der Zeit der Assad-Herrschaft zu vernichten, unterstrich Pigott.
Die Streichung des syrischen Präsidenten von der Terrorliste werde zudem dazu beitragen, für Sicherheit und Stabilität in der Region zu sorgen, fügte Pigott hinzu. Zudem unterstützten die USA dadurch den politischen Einigungsprozess in Syrien.
Kämpfer unter der Führung der HTS-Miliz hatten Anfang Dezember Damaskus erobert und Baschar al-Assads jahrzehntelange Herrschaft beendet. Al-Scharaa zeigt sich seit seinem Amtsantritt moderat und verspricht Reformen.