Prozess gegen mutmaßliche NSU-Unterstützerin in Dresden

Susann E. soll die Neonazis der Terrorgruppe NSU unterstützt haben. Jetzt steht die Ehefrau des NSU-Unterstützers André E. in Dresden vor Gericht. Verhandlungstermine sind bis Mitte 2026 angesetzt.

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ARCHIV - 06.03.2024, Sachsen, Dresden: Ein Schild Oberlandesgericht ist am Ständehaus, dem Sitz des OLG, montiert / DPA

Eine mutmaßliche Vertraute der NSU-Terroristin Beate Zschäpe steht ab Donnerstag (10.00 Uhr) vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt Susann E., dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) geholfen zu haben. Nach dem Prozessauftakt sind bis Juni kommenden Jahres 43 weitere Prozesstage angesetzt. 

Angeklagte soll von NSU-Morden gewusst haben

Die Bundesanwaltschaft hatte im Februar 2024 gegen die Ehefrau des rechtskräftig verurteilten NSU-Unterstützers André E. Anklage erhoben. Ihr wird vorgeworfen, seit spätestens Anfang 2007 von den rassistisch motivierten Morden des NSU gewusst und Zschäpe ab September 2008 ihre Krankenkassenkarte und ihre Personalien zur Verfügung gestellt zu haben. Zudem soll sie bei der Abholung eines Wohnmobils, das der NSU am 4. November 2011 beim letzten Raubüberfall in Eisenach verwendete, mitgewirkt haben.

Ihr Ehemann André E. wurde 2018 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Die Richter des Oberlandesgerichts München sahen es als erwiesen an, dass E. dem NSU-Trio in den Jahren 2009 bis 2011 mehrere Bahncards organisiert hatte, die auf ihn und seine Frau ausgestellt waren, aber Fotos von Zschäpe und Uwe Böhnhardt zeigten. Vom Vorwurf der Beihilfe zum versuchten Mord wurde er freigesprochen.

Rechtsterroristische Mordserie des NSU

Der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) wurde von den Neonazis Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gegründet. Das Trio lebte ab 1998 im Untergrund und verwendete falsche Identitäten. Ab dem Jahr 2000 verübten sie jahrelang unerkannt zehn Morde in ganz Deutschland. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verletzten zudem Dutzende Menschen bei zwei Bombenanschlägen in Köln.

Erst am 4. November 2011 wurde das Ausmaß der NSU-Verbrechen bekannt, als Mundlos und Böhnhardt nach einem gescheiterten Banküberfall Suizid begingen. In ihrer Wohnung fand die Polizei Beweismaterial, das ihre Beteiligung an einer Serie von Morden belegte.

Bis dahin hatten deutsche Ermittlungsbehörden jegliches rassistisches Tatmotiv ausgeschlossen und die Angehörigen der Opfer jahrelang unter Verdacht gestellt – mit vermeintlichen Verbindungen zu organisierter Kriminalität oder Drogenhandel.

Spätere Enthüllungen zeigten, dass der Verfassungsschutz über zahlreiche V-Leute verfügte, die Kontakt zu NSU-Mitgliedern hatten. Dennoch behaupteten die Behörden, sie hätten keine Kenntnis von der Existenz der Terrorzelle gehabt.

Der NSU-Komplex löste in Deutschland eine bis heute andauernde Debatte über institutionellen Rassismus und die Missstände in Sicherheitsbehörden aus, die den rechtsextremen Terror lange unterschätzt hatten.